Hitzeschlacht in der Niederlausitz

Man kann sich das Wetter ja nicht aussuchen. Macht auch nix und schwitzen ist immer noch besser als frieren. Finde ich, meine Mitfahrer sind da zum Teil anderer Meinung. Nach dem Nordwesten Brandenburgs fahren wir heute in den Südosten des Landes. Da ist es immer noch ein bisschen wärmer und trockener als im Rest Brandenburgs. Als wir in Cottbus aus dem Zug steigen, kann man die Hitze nicht nur spüren, sondern auch sehen, alles flirrt. Vor allem sieht man, dass es dem Rest der Bevölkerung wohl doch zu warm ist. Viel ist nicht los in Cottbus.

Downtown Cottbus

Wir fahren Richtung Park Branitz und stellen fest, dass nicht nur Berlin einen Bahnhof Zoo hat, aber außer des Namens erinnert eigentlich nichts an Berlin. Gottseidank.

Bahnhof Zoo

Wir fahren Richtung Osten aus der Stadt raus, und sind schon nach kurzer Zeit mitten in der Wildnis. Auch die Waldbrandgefahr können wir riechen und ich bin froh, dass ich grade mal nicht rauchen möchte. Lange Asphaltbänder schlängeln sich durch furztrockene Kiefernwälder, keine Menschen, keine Autos, herrlich.

Irgendwo da

Immerhin gibt es noch Dörfer. Auch dort sehen wir keine Menschen, aber jedes noch so kleine Dorf hat hier, nicht weit von der Grenze und irgendwie ein bisschen vergessen vom Rest der Republik, ein sowjetisches Ehrenmal. Wie Haasow.

Sowjetisches Ehrenmal Haasow

Hinter Haasow geht es weiter wie durch ein großes, heißes Nichts. Wir überqueren leere Bundesstraßen, leere Bahnstrecken und dass hier noch Züge fahren, merken wir erst viel später, auf der Rückfahrt. Irgendwo hier in der Nähe ist der Tagebau Cottbus-Nord, aus dem mal der Cottbuser Ostsee werden soll. Aber davon sehen wir nichts. Auch das Kraftwerk Jänschwalde sehen wir nicht. Stattdessen kommen wir nach Klinge und stehen urplötzlich am Ufer – naja, besser Steilufer – des Klinger Sees, der vor allem durch seine grüne Farbe auffällt. Ein bisschen komisch ist aber, dass der See nicht rund oder wenigstens oval ist, nein er macht einen Knick.

Klinger See

Aber er ist ja auch ein Tagebaurestloch. Und bis er voll ist, dauert es wohl auch noch ein paar Jahre. Hinter Klinge geht es durch Orte mit so klangvollen Namen wie Gosda und Groß Jamno nach Forst, unserem ersten Etappenziel.

Bei Forst denke ich immer an das gleichnamige italienische Bier, dabei ist dieses Forst die Stadt der Rosen.

Forst. Stadt der Rosen.

Rosen sehen wir zwar nicht, dafür finden wir aber einen Griechen mit Biergarten direkt an der Neiße. Von der sieht man hier aber noch nicht viel, die Neißeauen sind ziemlich zugewuchert. Stattdessen sehen wir die Ruine der Langen Brücke, die rüber nach Polen führte, damals noch in den Forster Stadtteil Forst-Berge. Nach dem beim Griechen unvermeidlichen Ouzo fahren wir in der größten Mittagshitze an der Neiße entlang Richtung Guben. Dabei sehen wir vor allem Landschaft und deutsche Grenzpfosten, die sich ständig grell bunt in den Blick schieben.

Lange Brücke Forst. Grenzpfosten.

Hier wurde wohl vor kurzem in großem Stil investiert. Schon lange nicht mehr investiert wurde in die vielen Brücken, von denen größtenteils nur noch Reste übrig sind und die jetzt als Aussichtspunkte oder Rastplätze fungieren.

Brückenrest. Grenzpfosten. Drüben natürlich: Polen.

Als ob das nicht alles schon aufregend genug wäre, erwartet uns in Grießen tatsächlich eine kleine Sensation. Hier gibt es ein altes Wasserwerk, ausgezeichnet als technisches Denkmal. Aber das ist es nicht. Es ist eine MIG, die im Vorgarten des Hauses hinter dem Denkmal steht. Wir finden keine Informationen darüber, warum die dort steht, bewacht von einem Hund.

MIG im Vorgarten

Leicht verstört und ratlos machen wir uns wieder auf den Weg, die letzten Kilometer nach Guben führen uns durch Orte, die nach Magenverstimmungen klingen (Groß bzw. Klein Gastrose). Einkehren würden wir hier nicht, aber es gibt auch keine Gelegenheit zum Einkehren. Guben erscheint dagegen fast wie eine Großstadt, an der Neiße gelegen, die jetzt endlich auch eine Breite erreicht hat, ab der man durchaus von einem Fluss sprechen kann, auf der anderen Seite Gubin – dass dort Polen ist, ist unschwer an der Zigarettenreklame zu erkennen.

Guben / Gubin

Aber mag Guben auch noch so hübsch herausgeputzt sein, haben wir auch hier das Problem, an einem Sonntagnachmittag einen Kiosk zu finden. Auf den Bahnhof hoffen wir schon gar nicht, finden aber immerhin eine Tankstelle und können so einiges für unseren Flüssigkeitshaushalt tun.

Bahnhof Guben

Wer von Guben nach Berlin möchte, fährt wohl meistens über Frankfurt/Oder, aber den Zug verpassen wir und fahren die Strecke, die wir geradelt sind, mit dem Zug zurück nach Cottbus. Immerhin können wir so noch einen Blick aus nächster Nähe auf das Kraftwerk Jänschwalde werfen, bevor es dann in Cottbus in den Zug nach Berlin geht. Leider ist das Bier da schon leer und so sitzen wir die letzten 1,5 Stunden auf dem Trockenen. Schön war’s trotzdem.