„Das Wahrzeichen einer Stadt, die es so schon lange nicht mehr gibt“ (Süddeutsche Zeitung, 25. Oktober 2010)

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Der Bierpinsel im Januar 2013

Januar 2016. Lange hat sich auf dieser Seite nichts getan. Und am Bierpinsel?
Im Jahr 2007 erwarben Tita und Larissa Laternser den Bierpinsel, der fortan Schlossturm heißen sollte mit dem Ziel, diesen nach Jahren des Leerstands wieder neu zu beleben. Und damit nicht genug, nicht nur der Bierpinsel, sondern auch das Umfeld sollte aufgewertet werden. Gemeint war damit die Passage unter der Joachim-Tiburtius-Brücke an der Schlossstraße. Keine ganz schlechte Idee, war der Bierpinsel (offiziell Turmrestaurant) doch auch in Folge der Planung des zweigeschossigen „U-Bahnhofs Schloßstrasse“ entstanden und bildet mit diesem einen gestalterisch einheitlichen Gesamtkomplex.

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U-Bahnhof Schloßstraße

Allerdings blieb es wohl bei der Idee. Einzig die Ankündigungen, man wolle ein schickes Großstadtrestaurant etablieren, wurden in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen wiederholt. Glamour statt Buletten, so war es zu lesen. Im Juli 2010 kündigte Larissa Laternser in einem Interview mit dem Stadtmagazin tip an: „Im Winter eröffnen Berliner Szenegastronomen auf drei Etagen mit einem spannenden Konzept. Unsere Gäste können sich auf hochwertige Gastronomie, Kunst, Kultur und einen sensationellen Ausblick freuen.“

Tatsächlich passiert ist aber eigentlich nichts. Also fast nichts. Nur dass der Bierpinsel nicht mehr rot ist. Im Frühjahr 2010 wurde er im Rahmen der Aktion Turmkunst bunt angesprüht. Zugleich veranstaltete urbanophil (Netzwerk für urbane Kultur e.V.) eine Reihe zu Stadt und Architektur der 70er Jahre im Bierpinsel. Man hätte also denken können, dass sich tatsächlich etwas tut.

Der Bierpinsel im August 2015
Der Bierpinsel im August 2015

Die Kunstaktion sollte jedoch ursprünglich eine temporäre Aktion werden, der Turm sollte nach der Aktion wieder seine ursprüngliche rote Farbe erhalten. Die „Rückkehr zum Rot“ wurde in den folgenden Jahren immer wieder angekündigt. Die Architekten des Bierpinsels, Ralf Schüler (2011 verstorben)  und Ursulina Schüler-Witte waren von Anfang an nicht begeistert von der farblichen Veränderung und hatten immer wieder darauf hingewiesen, dieser Veränderung nicht zugestimmt zu haben. Und auch die ehemaligen Kooperationspartner urbanophil zeigten sich enttäuscht, als auch 13 Monate nach der Kunstaktion immer noch Graffitis den Bierpinsel zierten.

Mit der Wiedereröffnung, so war es versprochen worden, würde der Turm auch seine rote Farbe zurück erhalten. So richtig klar war Frau Laternser aber offenbar nicht, was mit der Fassade geschehen soll, denn im Jahr 2012 verwie sie darauf, dass die Sprühfarbe „nur drei bis vier Jahre richtig schön (bleibe) (…). Danach will sie die Fassade zukunftsorientiert gestalten, Solarplatten seien eine Idee.“
Soso, Solarplatten.

Treppenaufgang im Januar 2013
Treppenaufgang im Januar 2013

Was also mit der Fassade tatsächlich passieren wird – und ob überhaupt und wenn ja, wann – ist ebenso unklar, wie die Frage, was mit dem gesamten Gebäude passieren soll. Sprich, wann es denn mal was mit der Wiedereröffnung und der hochwertigen Gastronomie, Szenegastronomie, sensationellen Ausblicken wird, oder was auch immer in den vergangenen 9 Jahren angekündigt wurde.

Relativ gesichert ist die Information, dass mehrere Wasserrohrbrüche Ende 2009 und Anfang 2010 und ein darauf folgender Versicherungsstreit eine Wiedereröffnung bis heute verhindert haben. Ob allerdings diese Auseinandersetzung allein für den desolaten Zustand des Gebäudes verantwortlich gemacht werden kann ist fraglich. Möglicherweise liegt der Bierpinsel seinen Besitzerinnen doch nicht so sehr am Herzen, wie sie ursprünglich behauptet haben.

Werbekampagne von Vattenfall 2015 (c)

Im vergangenen Jahr war dann die Werbekampagne des Berliner Energieversorgers Vattenfall erneuter Anlass für die Berliner Morgenpost, über den aktuellen Stand zu berichten. Allerdings ist der aktuelle Stand nur die traurige Mitteilung, dass keiner etwas genaues weiß, Frau Laternser aber (wieder mal) ankündigt bzw. behauptet, mit den entsprechenden Stellen im Gespräch zu sein. Wie natürlich auch mit potentiellen Mietern. Denn: eine Bar mit Restaurant könnte sie sich vorstellen. Jaja. Und wenn Vattenfall den Turm übernehmen würde? Nein, so der Artikel, das war nur eine Fehlinterpretation der Werbung. Schade.

Alle Fotos Kay Röhlen