Endlich Frühling, Sonne, Wärme. So hatten wir uns das gedacht. Nach einem unterkühlten Frühling sieht alles nach einer sonnigen, warmen Frühlingstour aus. Bei strahlendem Sonnenschein in Berlin geht es ausgerüstet mit Sonnenbrille und Sonnencreme mit dem Regionalexpress nach Wittenberge, also in den äußersten Nordwesten Brandenburgs. Vorhergesagt sind einige Gewitter, aber bei 20 Grad schreckt uns das nicht. Die Fahrt dauert etwas länger als eine Stunde und je näher wir unserem Ziel kommen, desto grauer wird der Himmel. Als wir in Wittenberge ankommen, erwartet und dichter Nieselregen und kühl ist es auch noch.
Leider sehen wir auf dem Handy, dass wir in der einzigen Ecke Brandenburgs sind, in der es augenblicklich regnet. Kaum am Startpunkt angekommen, geht uns schon der erste Mitfahrer verlustig, der prompt den nächsten Zug zurück nach Berlin nimmt. Der Rest entscheidet sich, loszufahren. Eine Stunde Regen, danach Sonne, das müsste machbar sein. Leider lauert am Stadtausgang das nächste Hindernis: die Ausfahrt gestaltet sich als Hindernisrennen durch eine Baustelle, statt Asphalt aufgeweichtes Erdreich. Herrlich. Unser Plan ist, Richtung Norden nach Karstädt und dann über Lenzen an die Elbe zu fahren. Nach einer guten halben Stunde stellen wir in Kuhblank fest, dass wir leider komplett nach Westen gefahren sind.
Durchnässt sind wir jetzt schon. Wir entscheiden, über Perleberg zu fahren und es geht über nicht enden wollende Landstraßen bei dichtem Nieselregen weiter. Wir haben alle Pfützen in den Schuhen, Handys und andere Wertgegenstände werden in der einzig vorhandenen wasserdichten Fahrradtasche verstaut und die einzig trockene Stelle am Körper sind die Waden. Vielleicht. Irgendwann erreichen wir Perleberg.
Der Regen müsste schon längst aufgehört haben. Hat er aber nicht, aber er ist tatsächlich weniger geworden. Perleberg streifen wir nur kurz und fahren durch triste Außenbezirke Richtung Sükow, wo der Regen tatsächlich aufhört.
Plötzlich wird es warm, der Himmel reißt auf und wir haben die Hoffnung, dass unsere nasse Kleidung bis zum Abend wieder getrocknet ist. Nach 1 3/4 Stunden Regen wird es jetzt noch richtig schön. Zumindest das Wetter. Dem Örtchen Dergenthin kann aber auch die Sonne nicht helfen, und ob die Futterkrippe noch geöffnet ist, probieren wir lieber nicht aus.
All unsere Hoffnungen ruhen auf Lenzen, von dem uns so viel versprochen wurde. Lenzen, wie Lenz, der Frühling. Wir haben Hunger, treffen keine Menschen, die Dörfer und die Landschaft erinnern tatsächlich an das nördliche Mecklenburg-Vorpommern, hier müssen wir erst gar nicht auf Nahrung hoffen.
Unser abtrünniger Mitfahrer sendet uns Fotos aus dem sonnigen Potsam, die wie geflissentlich ignorieren. Hier, kurz vor der Elbe wird die Landschaft immer lieblicher und endlich kommen wir nach Lenzen. Es gibt einen historischen Stadtkern, aus unserer Sicht auch das Mindeste. Der hat zwar auch schon bessere Zeiten gesehen – vermutlich vor dem ersten Weltkrieg – aber die Aussicht auf das Restaurant in der Burg Lenzen entschädigt uns.
Und was wir mittags nicht zu hoffen wagten: wir können auf einer Terrasse in der Sonne sitzen und unsere nassen Schuhe und Socken trocknen. Das Essen ist gut, es könnte rustikaler und ehrlicher sein, wir brauchen weder gebratene Kürbiswürfel noch Weißweinschaum auf bzw. in der Pasta, aber immerhin werden wir satt.
Leider liegen noch knapp 30 km nach Wittenberge vor uns, aber das Wetter wird immer besser, die Elbauen und kleine Orte mit seltsamen Namen wie Cumlosen, die erstaunlich malerisch sind, entschädigen uns für die Rückfahrt.
In Cumlosen befand sich früher die Grenzübergangstelle zwischen der DDR und der BRD, den Turm gibt es immer noch.
Leider bleibt keine Zeit für ein Eis. Auf den letzten Kilometern haben wir auch noch Rückenwind und erreichen Wittenberge nach tatsächlich 83 km bei strahlender Abendsonne. Einziger Wermutstropfen: es gibt keine Chips an der Tankstelle. Die gibt es nur am Bahnhof. In der Sonne. Herrlich. Bald wieder.