Braunschweig unter der Rubrik „Berlin am Rand“. Das mag verwundern. Aber nur auf ersten Blick. Denn fragt man einen West-Berliner, was er an diesem Wochenende tun wird, bekommt man mitunter bizarr anmutende Antworten. Meistens stellt man eine solche Frage, weil ein langes Wochenende bevorsteht, oder aber das Wetter ausgesprochen gut ist und es mal wieder an der Zeit ist, die Stadt zu verlassen. Man erwartet dann, dass es an die Ostsee geht (im Sommer) oder ins Erzgebirge (im Winter) oder nach Erfurt (für die Gebildeten) oder nach Barcelona (für die Hipster).
Was man nicht erwartet ist: Braunschweig
Braunschweig. Bis 1989 eher Zonenrandgebiet. Eine Universität. Und sonst? Man sollte diesen Gedanken nicht so schnell verwerfen. Braunschweig ist auch eine schöne alte Stadt, nur ca. 230 von West-Berlin entfernt und, wenn man gut durchkommt, in 2,20 Stunden zu erreichen (wenn man gut durchkommt, ist man in der Zeit auch an der Ostsee, aber das ist ein anderes Thema). Man muss auch ein bisschen Verständnis für die West-Berliner aufbringen: viele haben bis heute ein „Dreilinden-Trauma“.
Das heißt, dass jeder Fahrt gen Westen ein 4-stündiger Aufenthalt am Grenzpunkt Dreilinden vorgeschaltet war. Bis heute hat sich an
dieser Vorstellung auch nichts geändert. Es schadet ja auch nicht, an bestimmten Erwartungen kontrafaktisch festzuhalten. Warum also nicht an der Erwartung, erstmal 4 Stunden warten zu müssen, bevor man dann endlich auf die rumpelnde Transitstrecke gelassen wird, die man dann, mit West-Berliner Kennzeichen, voller Furcht befährt und erst wieder in Helmstedt aufatmend verlässt. Geschafft. Nicht von Stasi-Schergen angehalten und ausgeraubt. Wieder keine Reifenpanne. Endlich im gelobten Land. Westdeutschland. Niedersachsen. Und welche Stadt erwartet den darbenden West-Berliner nebst Gattin? Braunschweig. Es wartet auf mit seiner Altstadt.
„Unser sauberes Braunschweig“
So heißt die Aktion, mit der sich Braunschweig gegen „Wildkraut, Graffiti und Müll“ wehren will. Besonders stolz ist der OB von Braunschweig darauf, dass „[e]rstmals sämtliche Plätze im Wildkrautprojekt dauerhaft von Hartz-IV-Empfängern besetzt [sind]“.
Berliner Platz
Damit es dem Berliner und seiner Gattin auch an nichts fehlt, verfügt Braunschweig – wie im übrigen auch viele andere Städte in Westdeutschland – über einen Berliner Platz:
