Herbst. Zwischen Wiesenburg und Lutherstadt Wittenberg.

Die erste Herbsttour sollte im Regen starten, hätte der Wetterbericht Recht behalten. Hatte er aber nicht und so ging es bei – zunächst – wunderbarem Herbstwetter mit dem Zug nach Wiesenburg, das westlich von Berlin im hohen Fläming liegt. Zugegeben, ich war etwas skeptisch, da mir der Westen Brandenburgs meist schon etwas zu stark erschlossen ist. Aber mir wurde eine fantastische, leicht hügelige Landschaft versprochen, durch die wir uns nach Lutherstadt Wittenberg durchschlagen wollten. Bei der Auswahl unserer Start- und Endpunkte sind wir im Moment etwas eingeschränkt, da viele Bahnstrecken aufgrund von Bauarbeiten entweder gar nicht, oder zu selten oder nur mit großen Umwegen bedient werden. Lutherstadt Wittenberg ist vermutlich nicht zuletzt auch wegen des diesjährigen Reformationsjubiläums bestens an Berlin angebunden und verfügt zudem auch noch über ausreichend Infrastruktur am Bahnhof (Wartehalle! Kiosk! Bäcker!).

Bei Wiesenburg.

Aber zurück zum Anfang. Der Bahnhof von Wiesenburg liegt im Niemandsland und weil wir – wie ich erst am Bahnhof erfahre – keine Karte mithaben, werden wir uns von Ort zu Ort durchhangeln, was aber inzwischen kein Problem mehr ist, da die meisten Radwege ausgeschildert sind. Entgegen meiner Erwartung sind nicht nur die Straßen menschenleer, es begegnen uns auf dem Weg nach Medewitz auch kaum Autos. Es gibt hier keine eigenen Radwege, aber die leeren Landstraßen entschädigen uns dafür.

Medewitz.

Von Medewitz fahren wir nach Stackelitz und von dort geht es weiter nach Serno. Die Orte heißen wirklich so. Man glaubt es kaum. Kaum glauben kann ich auch, dass Köselitz über eine Umgehungsstraße verfügt. Man fragt sich, was da mitten im Ortskern eigentlich umgangen wird, außer der freiwilligen Feuerwehr.

Köselitz: die Umgehungsstraße.

Da hat Cobbelsdorf schon deutlich mehr zu bieten. Von einer Einwohnerin – einem der wenigen Menschen, die uns an diesem Tag begegnen – werden wir auf das Freibad aufmerksam gemacht. Eigentlich ist der Eingang zum Freibad kaum zu übersehen, allerdings lädt das Wetter nicht gerade zum Schwimmen ein. Aber vielleicht kommen wir im Sommer wieder.

Freibad Cobbelsdorf.

Kurz hinter dem Freibad erwartet uns die nächste, nun ja, Sensation kann man es nicht nennen, aber das Wandbild mitten im Zentrum ist schon ziemlich beeindruckend und immer noch sehr gut erhalten, obwohl man auf den ersten Blick sieht, dass es aus längst versunkenen Tagen stammt. Im Internet erfährt man, dass es 1971 von der LPG „Lenin“ in Auftrag gegeben wurde.

Wandbild in Cobbelsdorf.

Offenbar mögen die Cobbelsdorfer ihr Wandbild und möchten es erhalten.

Auch wenn uns kaum Leute auf der Straße begegnen, scheint man hier doch ganz schön umtriebig zu sein, wenn es darum geht, Dinge zu retten oder zu erhalten. Irgendwo zwischen Cobbelsdorf und Coswig kommen wir an einer noch recht neu aussehenden Tankstelle vorbei, kein Anblick, den wir hier auf einem Feldweg erwartet hätten. Auch der Name der Tankstelle –  Fläminger Tank- und Handelskontor GmbH – überrascht etwas, wie der Umstand, dass man hier offenbar auch Kartoffeln kaufen kann.

Fläminger Tank- und Handelskontor GmbH.

Auch hier hilft das Internet und so stellt sich raus, dass die Tankstelle geschlossen werden sollte und vor einem Jahr von einer ortsansässigen Erzieherin übernommen wurde. O-Ton: „Wir fanden, dass hier nicht noch etwas schließen durfte“.

Abgesehen von ein paar Quitten ist der Weg nach Coswig weitgehend ereignislos. Der Hunger treibt uns an, in Coswig wollen wir essen, bevor wir die letzten 15 km nach Wittenberg hinter uns bringen wollen. In Coswig setzen wir mit der Fähre über und kehren im Hotel Elbterasse ein, kulinarisch kein Highlight, aber der Platz an der Heizung und der Blick über die Elbe entschädigen uns sogar im Nieselregen.

Elbe bei Coswig.

Der Nieselregen stört uns auch nicht auf den letzten 15 Kilometern nach Wittenberg, wo uns wie schon eingangs erwähnt, ein angenehmer Bahnhof und ein vorgeheizter Zug erwarten. Und darauf freut man sich in den nun kommenden dunklen, kalten Monaten am Ende einer Tour fast noch mehr als auf das wohlverdiente Fahrbier.

Disco. Kurz vor Lutherstadt Wittenberg.