Von Frankfurt/Oder nach Beeskow.

Pfingstsonntag. Nach 10 Tagen Sommer ist das Wetter eingebrochen, vorhergesagt sind 11 bis 13 Grad und Graupelgewitter. Egal. Wetter wird am Steg gemacht. Also mit dem Zug nach Frankfurt/Oder. Von Regen erstmal keine Spur. Warm ist es aber auch nicht. Um halb zwölf sind wir in Frankfurt, jetzt ist es ganz einfach: man muss nur vom Bahnhof zur Oder runterrollen, schon ist man am Oder-Neiße-Radweg, der uns nach Süden Richtung Eisenhüttenstadt bringt. Erster Stop nach wenigen Kilometern in einem Tunnel.

20160515_110133

Kein Graupelgewitter. Nur ein kurzer Guss, dann geht es weiter. Zum warm werden eine Steigung von 6 %, die Sonne kommt raus, die nasse Straße dampft im Sonnenlicht. Großartig. Die Strecke bietet sonst nicht viel, außer gutem Asphalt und trocken ist es jetzt auch. Bei Brieskow-Finkenheerd fahren wir an die Oder, über Aurith bis zum Kraftwerk Vogelsang: ein verfallenes Kraftwerk aus den 1940ern, das nach dem Krieg ausgeschlachtet wurde und heute in der Landschaft rumsteht wie aus einem Tarkowski-Film. Inzwischen ist es zu einem Biotop geworden, es steht an einem Seerosenteich, oder besser: es steht eher in dem Teich.

20160515_124300

20160515_123224

Heute sind leider auch andere Leute da, mit einer Drohne. Aber Drohne darf man nicht sagen, „das ist ein „böses Wort“. Na gut. Dann eben Quadrocopter. Stehen trotzdem in der Sichtachse rum. Besucher aus der Schweiz, die ursprünglich aus der Gegend kommen. Er fotografiert mit der Drohne (!), sie kommt dann mit und fotografiert „Blümeli und Vögeli“. Interessantes Beziehungskonzept. Wir fahren weiter, die Tanks sind leer, wir haben Hunger. Ziel soll Neuzelle sein, ein Ort, wie man ihn sich in Brandenburg eigentlich nicht vorstellen kann: idyllisch, mit einem Kloster in dem noch Bier gebraut wird und richtig viel Touristen. Leider. Es sind natürlich nicht 10 km bis Neuzelle, wie man uns gesagt hatte – ich hatte das eh nicht geglaubt – sondern bestimmt 15 km, aber das ist auch egal. Wir fallen rechtzeitig vor dem nächsten großen Regen in der Klosterklause ein. Ein Fehler, wie sich schnell herausstellen wird. Der Spargel, den man ja im Moment in Unmengen essen sollte, ist völlig überteuert. Das Apfelbier aus dem Sommer gibt es auch nicht mehr. Leider kann der Kellner uns nicht sagen, warum nicht. Er möchte aber eh lieber gar nichts sagen. Zum Salat möchten wir noch etwas Brot. Für uns Drei gibt es dann eine Scheibe Toast, immerhin durchgeschnitten. Servietten werden uns auf Nachfrage auf den Tisch geworfen. Dafür sind es gleich vier. Wir müssen länger bleiben als uns lieb ist, weil eines der angesagten Graupelgewitter jetzt über Neuzelle tobt. Um zehn vor vier klart es auf, wir fahren weiter. Definitiv zu viele Touristen in Neuzelle, und dann auch noch von der schlimmsten Sorte: beige Jacken, Hose und Schuhe, darüber ein Grauschopf. Unser Ziel ist Beeskow, und nach allen verfügbaren Informationen sind es nochmal ca. 45 km. Kurz hinter Neuzelle stand bis vor ein paar Jahren ein alte Tankstelle, die zu einem Bistro umfunktioniert worden war. Ist weg, leider abgerissen. Hier ist nur noch eine Brache. Na gut. Also weiter nach Möbiskruge und Treppeln. Wir wollen über Friedland nach Leissnitz, um dort mit der Handseilzugfähre nach Ranzig überzusetzen und auf der westlichen Seite nach Beeskow zu fahren. Fraglich ist allerdings, ob die Fähre heute überhaupt fährt, wegen des Wetters. Egal, denn zur Not können wir auch östlich des Sees nach Beeskow fahren. Eigentlich alles prima, sogar das Wetter macht mit. Wenn man von dem Gegenwind absieht, der vor allem dann besonders stark ist, wenn irgendwo mal wieder eine Gewitterzelle vorbeizieht. Irgenwann hinter Treppeln sollen wir das grandiose Asphaltband verlassen und rechts in den Wald nach Chossewitz fahren. Machen wir natürlich. Drei Kilometer durch den Wald ist ja kein Problem. Sind aber keine drei Kilometer, der Weg bringt uns nicht nach Chossewitz und von Weg zu sprechen, ist auch ein Euphemismus. Hier wurden in grauer Vorzeit von Unbekannten Wackersteine auf dem Sandboden verteilt und heute nennt man das dann Weg. Nach vermutlich 7 km gelangen wir auf eine große Straße, die nach einer Bundesstraße aussieht, glücklicherweise einen Radweg hat und nach wieder einigen Kilometern kommen wir nach Grunow-Dammendorf. Das war zwar anders geplant, wir sind jetzt viel weiter im Norden, weshalb die Fährfahrt wohl ausfällt, aber auch von hier führt ein Radweg nach Beeskow. Die Richtung stimmt also. Wir fahren durch das schöne Schlaubetal, vorbei an Seen, queren die Schlaube und kommen am Waldgasthof Siehdichum vorbei. Wir sehen uns nicht um, fahren weiter Richtung Mixdorf. Plötzlich sind es nach Müllrose nur noch 5 km, was bedeutet, dass wir nun sehr weit in den Norden gelangt sind.

20160515_154954

Aber auch das ist nicht schlimm, noch ein paar letzte Schleifen über Merz und Schneeburg, ein bisschen Gegenwind, ein erster Krampf in der linken Wade und nach ca. 95 km fahren wir in Beeskow ein. Bis zum Zug haben wir noch 45 Minuten. Und wir brauchen jetzt ganz dringend ein Bier. Bleibt nur das Eiscafé Eiscafé, das leider so nah am Bahnhof ist, dass wir schon mehrfach dort eingekehrt sind, obwohl der Service zu wünschen übrig lässt. Aber das hatten wir heute ja schon. Und es bleibt auch so: die Kellnerin ist überfordert, was sie uns auch sofort mitteilt, wir haben inzwischen nur noch 30 Minuten und dass wir gerne mehr Geld dort gelassen hätten, interessiert das Personal auch nicht. Besonders witzig ist ihr Hinweis, auch sie hätte heute schon 90 km in den Beinen. Kopfschüttelnd und ziemlich durchgefroren fahren wir zum Bahnhof, nicht ohne Fahrbier im Rucksack, wo schon der Schienenbus der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) auf uns wartet. In dem Waggon ist es auch recht kühl, aber immerhin gibt es genug Platz für unsere Räder und nachdem wir die Schaffnerin darum bitten, die Heizung hochzudrehen, wird es richtig gemütlich. Wir müssen zwar noch einmal in Königs Wusterhausen umsteigen, aber mit ein, zwei Bierchen vergeht auch diese Fahrt ganz schnell. In zwei Wochen dann wieder.

20160515_123604